Die Kunst der Fahrt
Die Ausdrucksmöglichkeiten der modernen Kunst wurden durch das Hinzutreten der vierten Dimension, der Zeit, erweitert. In der Form der Aktionskunst werden bestimmte Rahmengegebenheiten in einem nicht genau vorhersagbaren Improvisationsprozess zu Kunst.
In diesem Sinne ist Fahrt ein Kunstwerk. Ad-venture: das, was auf uns zukommt, wird aufgegriffen und kreativ umgesetzt. Das Gehen ist dabei das Maß aller Dinge: Die Zeit wird als Anhäufung von Schritten in eine geometrische Form eingebunden und als Linien auf Landkarten sichtbar. Die Natur ist während der Wanderung Inspiration, Atelier, Material und Ausstellungsort zugleich. Nichts wird hinzugefügt, nichts aus ihr entfernt. Lediglich ihre Anordnung ändert sich und wird geändert. Damit werden neue Ideen, neue Assoziationen und neue Gedanken geschaffen. Parameter im Dialog mit der Umwelt sind Windrichtungen, Farben, Geräusche, Temperatur, Gerüche, Berührungen und Geschmack.
Natur bietet der Fahrt immer neue Variationen von Bewegung und Ruhe, Raum und Zeit, Werden und Vergehen, Sichtbarem und Unsichtbarem. Natur, die leicht nur als Möblierung der Erde betrachtet werden kann, befindet sich im Prozess, in Veränderung. Wir, als Teil dieses Netzwerkes, sind davon nicht ausgenommen. Die Kunst des Dialogs mit der Umwelt erweitert die Wahrnehmung und eröffnet so neue Erkenntnisse. Das Wandern wird so zur Vergewisserung der eigenen Person und zur Positions-bestimmung innerhalb der Welt. Es schafft Freiräume, es wird zum Beleg für das Am-Leben-Sein.
An den Fahrenden liegt es, Fahrt zu einem Kunstwerk werden zu lassen. Voraussetzung ist natürlich eine gewisse Kunstfertigkeit im Umgang mit dem Material, das wir auf Fahrt vorfinden. Erst dann können wir Fahrt in freiem Spiel unserer Gedanken gestalten. Das entsprechende Bewusstsein, in dem Fahrt geschieht, lässt Fahrt mehr sein als bloßer Lebensvollzug.